Hundert Tage im Frühling

Geschichte eines Abschieds. 208 Seiten. Limmat-Verlag 2024



Eine Frau ist krank, sie wird sterben. Ihr Ehemann begleitet sie. Die Reise geht über hundert Tage, sie führt in drei Kliniken, zu zahlreichen Ärztinnen und Ärzten und schliesslich nach Hause.

Die Frau ist Ruth Schweikert, sie hat vor Jahren über ihre Krebserkrankung ein Buch geschrieben, «Tage wie Hunde». Eric Bergkraut schreibt das Buch fort, es wird zur Hommage auf seine Partnerin. Direkt und behutsam zugleich beschreibt er den gemeinsamen Weg. Er blendet zurück auf ein gemeinsames Leben mit Höhen und Tiefen, die erste Begegnung steht neben den letzten Gesten.

«Hundert Tage im Frühling» ist das berührende Dokument eines Abschieds. Und wird zugleich zu einem Lebensbuch, das Mut spendet. Vielleicht nicht auf ein anderes Leben nach dem Tod. Aber auf das Leben bis dahin.

Pressespiegel


Es ist ein wunderbares Buch geworden! Offenherzig im Persönlichsten, aufrichtig und auch im intimen Detail sprachlich dezent – im besten Sinne also grosszügig und respektvoll. Es steht würdig in einer Reihe anderer grosser literarischer Abschieds- und Trauerbücher. Auch deshalb, weil es unaufgeregt das Private mit dem Gesellschaftlichen verbindet, unsere Trauerkultur befragt und das Sterben präzis in den aktuellen Stand der medizinischen Betreuung verortet – bis hin zur Palliativpflege im eigenen Wohnzimmer.
Aargauer Zeitung, Hansueli Kugler
Ein Buch wie ein Film: Auf etwas mehr als 200 Seiten dokumentiert Filmemacher Eric Bergkraut das Sterben seiner Frau, der Schriftstellerin Ruth Schweikert. «100 Tage im Frühling» ist eindringlich, direkt, aber immer behutsam und liebevoll. Es benennt den Schrecken des Sterbens und nimmt ihm doch die Schwere... Bergkraut beschreibt die neunundneunzig letzten gelebten Tage in aller Ausführlichkeit, dem hundertsten sind nur wenige – aber wunderschöne – Zeilen gewidmet. Denn immer geht es um das Leben, das Ruth Schweikert bis zuletzt leben will, das ihre Familie, das ganze Netzwerk um sie herum ermöglichen... Der Filmemacher, mit dem die 58-jährige Schweikert ihr halbes Leben verbrachte, benennt die Schrecknisse, die Zweifel, die Ängste, die das Abschiednehmen mit sich bringt. Er verschweigt nicht, was besonders schmerzt, ärgert oder kaum zu ertragen ist. Und überlässt doch den Leser:innen das eigene Urteil. Auch wenn es dem Untertitel zufolge die Geschichte eines Abschieds ist, so ist es doch ein Buch, das Mut macht, das Leben zu leben. Solange es eben dauert. Leseempfehlung? Pflichtlektüre!
Palliativ, die Schweizerische Zeitschrift über palliative Betreuung und Medizin, Gabriela Meissner
Besonders dicht wird das gemeinsam Durchlebte in Ruth Schweikerts letzten Lebenswochen, die sie schließlich zu Hause verbringen darf, begleitet von ihrem Partner, immer wieder von ihren Kindern sowie von Pflegenden und Freunden. Und obgleich der Umkreis nun kleiner und beschränkter wird, weitet sich der Blick, und aus den feinen Beobachtung und dem sprachlichen Vermögen Bergkrauts entsteht Poesie, durch die das ganz Persönliche immer wieder ins Überpersönliche gerichtet wird: »Ich habe den Eindruck, dass Du etwas durchlebst, was für uns alle steht.« (S. 98) 
Dabei liegt auf der Hand, dass das Leben vielfach ähnliche Geschichten schreibt, und wenn auch die Umstände es nicht immer erlauben, so kann man dieses Buch vor allem als eine Ermutigung lesen, solche Wege gemeinsam zu gehen. »Vielleicht [...| möchten wir alle einander eigentlich viel besser beistehen. Wüssten wir bloß besser, wie und wann. Und das nicht erst auf der letzten Strecke.« (S. 190) 
die Drei, Zeitschrift für Anthroposophie, Johannes Roth

Dieser Text ist ein längst notwendiges Plädoyer für menschliches Sterben, es ist auch ein Beitrag zur Enttabuisierung des Todes und enthält trotz der Traurigkeit auch humorvolle und viele berührende Passagen, etwa wenn Ruth Schweikert nach einer Magnetresonztomographie den dafür abgestreiften Ehering vom Erzähler entgegennimmt und sie ihn dabei noch einmal heiratet oder der jüngste Sohn sich bei seiner Mutter dafür bedankt, daß es ihn gibt.
In diesem Buch wird die alle Menschen betreffende Frage gestellt, ob es eine „passende Art“ gebe, sich zu verabschieden. Der Erzähler und seine Angehörigen haben sie im Einverständnis mit der Sterbenden gefunden. Als die Sterbende gefragt wird, was mit ihrem Körper geschehen solle, wenn ihr Herz nicht mehr schlägt, antwortet sie darauf nicht, denn es interessiere sie mehr, das Leben, das sie bis dahin hat.
Der Maler Ferdinand Hodler hat seine kranke Frau Valentine Codé-Darel immer weiter porträtiert, bis sie starb. Bergkraut malt mit Sätzen die sterbende Ruth Schweikert. Es sind fein ziselierte, vorsichtige, realistische, liebevolle Porträts, die man nicht vergessen wird.
Die Presse, Wochenendbeilage Spectrum, Sabine Gruber
Er werde an seine Grenzen gehen müssen für dieses Journal, weiß Eric Bergkraut. Im Text selbst aber hält er den eigenen Schmerz zurück. Der Lebenswille seiner Frau, ihre Stärke und Würde stehen im Vordergrund. Eric Bergkraut ist Dokumentarfilmer, der preisgekrönte Filme, zum Beispiel über die russische Oppositionelle Anna Politkowskaja, gedreht hat. Diskret hält er sich als Beobachter zurück, lässt kleine Alltagsausschnitte, feine Beobachtungen, aber auch Erinnerungen für sich sprechen, wertet nicht. Das Ergebnis ist um so berührender.
Es mag wahr sein, dass jeder für sich allein stirbt. „Hundert Tage im Frühling“ legt Zeugnis davon ab, dass das, was vorher passiert, den Unterschied machen kann. Im Prozess des Sterbens entsteht für Begleitende und Sterbende tatsächlich so etwas wie Lebensqualität. Ruth Schweikert stirbt am 4. Juni. „Ich habe das Bedürfnis, mich vor Dir zu verneigen“, schreibt Bergkraut. Hier ist Pathos erlaubt. Die Leser schließen sich an.
WDR 5, Mareike Ilsemann
„Meine Notizen sind auch dazu da, besser zu verstehen, was Dir – und damit auch uns – widerfährt“. Das Verstehen einer solchen Extremsituation ist das, was Bergkraut auch seiner Leserschaft ermöglicht. Und obwohl er völlig freimütig Einblick gewährt, wird niemand durch die Lektüre in eine voyeuristische Position gedrängt. 
Mit dieser Geschichte eines Abschieds hat Eric Bergkraut ein leidenschaftliches, klarsichtiges Stück Literatur geschrieben. Es atmet den Geist von Liebe, Empathie und Vernunft. Und zugleich weitet sich dieser Abschied zu einem sehr lebendigen Porträt der Schriftstellerin und des Menschen Ruth Schweikert. Ein schöneres Epitaph lässt sich kaum denken.
SWR, Magazin Lesenswert, Eberhard Falke

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Paradies möcht ich nicht

Roman einer Familie. 200 Seiten. Limmat-Verlag 2019



Im April 1943 kommt es in Zürich zu einem ungewöhnlichen Zusammentreffen: Eine junge, politisch engagierte Protestantin verliebt sich in einen jüdischen Flüchtling aus Wien, der es über die Fremdenlegion und Frankreich mit knapper Not in die Schweiz geschafft hat. Sie gründen eine Familie.

75 Jahre nach dieser Begegnung spürt Eric Bergkraut den Geschichten seiner Eltern nach, erzählt in seinem autobiografischen Roman von zwei Leben in der großen Katastrophe des zwanzigsten Jahrhunderts, folgt ihnen von Wien nach Paris, nach Albisrieden, Limoges, Fes und Aarau. Er erzählt von der List des Überlebens und der Last der Verfolgung, vom Lebenshunger und familiären Verstrickungen, den Spuren, die sich bei ihm und seinen Geschwistern niedergeschlagen haben, die er vielleicht bei seinen Kindern hinterlässt.

«Paradies möcht ich nicht» erzählt konzis und poetisch, tabufrei und warmherzig die individuellen Schicksale einer Familie im Strudel der großen Geschichte bis zum heutigen Tag.

Eric Bergkraut schreibt die Erinnerungen seiner Familie auf und baut eine Brücke über den Tod, die Pfeiler sind die wunderbaren, atmenden Details, welche die Vergänglichkeit abschaffen.
Michail Schischkin
Bergkraut schreibt tabulos, ohne dabei dem voyeuristischen Drang zu verfallen, familiäre Abgründe auszuleuchten. Eher lässt sich der Autor von einem Staunen darüber leiten, wie unterschiedlich die Charaktere und Lebensläufe sind, die unter dem Dach seiner Familie zusammengefunden haben.
 Susanne Leuenberger, bref Magazin
Bergkraut kleidet zuweilen Ungeheuerliches in schlichte Worte und erzeugt damit nebst dem Lesegenuss eine starke Wirkung. Das Schicksal einer turbulenten Ehe und Familie lässt sich im eigenen Inneren nieder und nistet sich dort ein.
Schule und Leben
Der Roman erscheint mir wie ein Film mit längeren und kürzeren Szenen, Bildsequenzen und zahlreichen Rückblenden, die als Ganzes ein grosses Zeitbild wiedergeben.
Ruth Vuilleumier, seniorweb

Der eigenen Familiengeschichte nachspüren, sich mit dem Tod der Eltern auseinandersetzen und beschreiben, wie Ereignisse und Beziehungen über Generationen hinweg weiterwirken – das gelingt dem Schweizer Schauspieler und Dokumentarfilmer in diesem biografischen Romandebüt auf überzeugende Weise.
Er erzählt und nimmt sich selbst als Person doch stark zurück, nur wenig erfährt man über ihn. Er konzentriert sich auf die Geschichte seiner Eltern – Erinnerungen, in Gang gesetzt beim Halma-Spiel mit seiner Mutter im Seniorenheim. Das Leben der jüdischen Familie ist geprägt durch Flucht und Exil, Lebensphasen in Wien, Paris und der Schweiz. Auch die Eheprobleme der Eltern, den Selbstmord seines Onkels und die schwierige Beziehung zu seinem Bruder spart Bergkraut nicht aus. So entsteht einerseits ein Roman über eine "ganz normale" Familie mit zwischenmenschlichen Problemen, die es in jeder anderen Familie auch geben kann - und zugleich ein Bild eines besonderen Schicksals, das stellvertretend stehen könnte für viele von den Geschehnissen des 20. Jahrhunderts in Europa gebrochenen Biografien.
Sehr gern empfohlen.
Regine Mitternacht, ekz Bibliothekarische Dienste Deutschland
Sein Buch ist jedoch keineswegs mit Selbstdeutungen oder gar Didaktik überfrachtet. Gerade durch die Zurückhaltung und Auslassung entstehen starke Bilder.
Florian Bissig, St. Galler Tagblatt

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